Immobilien Branding
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Immobilien Branding - Wenn Lebensräume zu Marken werden

Noch wissen viele Immobilienunternehmen nicht, was sie wo und vor allem für wen bauen sollen. Viele Projekte sind zu wenig auf die Bedürfnisse der künftigen Nutzer zugeschnitten. Gleich Konsumgütern kann aber auch ein ganzer Lebensraum an eine Marke gekoppelt werden. Immobilienbranding gilt dabei als viel versprechendes Instrument, das ungenutzte Rendite-Potenziale aktiviert.
In Europa ist Immobilien-Branding noch weitgehend unbekannt, häufig wird es als Synonym für Standort- oder Immobilien-Marketing verwendet. Diese Verwechslung macht deutlich, dass für viele Immobilienunternehmen Branding kaum mehr ist als die Vermarktung von Projekten mittels einzelner kurzlebiger Marketing- und PR-Massnahmen. Immobilienbranding ist langfristig zu betrachten und deshalb sind marktwirtschaftliche, gesellschaftliche und umweltbezogenen Entwicklungen in den Findungsprozess zu integrieren.
Ziel sind nicht gestylte Logos, aufwändige Internetseiten und Hochglanz-Prospekte, sondern eine ganzheitliche Planung, Gestaltung und Kommunikation eines neuen Stadtteils oder Grossprojekts. Noch bevor es den neuen Lebensraum gibt, stellen sich die zentralen Fragen: Wer soll in dem neuen Stadtteil wohnen? Wodurch hebt sich das Quartier von anderen ab? An welche vorhandenen Potenziale kann angeknüpft werden? Wie sieht das Gebiet in zehn oder fünfzehn Jahren aus?
So werden gezielt Vorstellungen von einem Lebensraum erzeugt, und durch gezielte Positionierung, Differenzierung, Authentifizierung und Kultivierung des Brands soll ein genius loci geschaffen werden, der von Dauer ist.
Immer stärkeres Gewicht erhalten Stadtentwicklungsprojekte, die gemeinsam von Unternehmen und öffentlicher Hand umgesetzt werden mit dem Ziel, attraktiven Lebens- und Kulturraum zu schaffen. Und infolge der immer stärkeren Individualisierung der Gesellschaft gehen Experten davon aus, dass Stadt- teile, Quartiere und grössere Überbauungen in Zukunft sogar immer mehr zur Projektionsfläche der eigenen Identität werden.
Lebenswelten als Projektionsflächen der eigenen Identität
Der gewählte Lebensraum wird zum entscheidenden Imagefaktor für Unternehmen und Private. Deshalb ist ein Grundstück für Branding-Spezialisten nicht nur ein Stück Land, das man auf beliebige Weise bebauen kann, sondern ein Konsumgut, das den Vorstellungen und Bedürfnissen der künftigen Nutzer entsprechen muss.
Stadteile oder Grossprojekte sollen so geplant werden, dass sie ein bestimmtes Lebensgefühl verkörpern und damit Werte vermitteln, die über das Physische hinausgehen. Nicht nur Wohn- und Gewerberäume werden massgeschneidert auf künftige Nutzer zugeschnitten; es soll vielmehr von der Gestaltung des Umfeldes bis hin zum konkreten Leistungsangebot eine komplette, stimmige Lebenswelt geschaffen werden. Die Architektur wird hierbei als Medium zur Schaffung eines dreidimensionalen Markenerlebnisraumes verstanden und dient weniger der direkten Verkaufsförderung als vielmehr der Inszenierung des Gesamtprodukts.
So entsteht Lebensraum, der nicht nur heutigen ökonomischen Nutzungskriterien wie Ausnützungsziffern, Einkommenskraft und Leerstandziffern folgt. Bei der Nutzergruppendefinition werden zusätzlich Kriterien wie Zukunftsorientierung, Lebensziele, Individualisierungs- und Selbstverwirklichungsgrad oder Freizeit- und Konsumverhalten berücksichtigt. Dies reicht von eher allgemeinen Definitionen, wie einer kinderfreundlichen Bauweise für Familien, bis hin zu Lebenswelten, die den Bedürfnissen einer urbanen Leistungsgesellschaft gerecht werden. So kann beispielsweise eine Überbauung mit einem durchdachten Serviceverständnis, dem bereits in der Architektur und später im Nutzungskonzept Rechnung getragen wird, für allein stehende Singles ein äusserst spannendes Lebensraum-Konzept sein.
Die künftigen Nutzer finden in unmittelbarer Umgebung auf sie abgestimmte Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen und Unterhaltungsangebote. Ebenso werden die Frei- und Erholungsräume sowie die Architektur auf die Nutzer zugeschnitten. Wichtig ist, dass die umgesetzte Idee zum Gebäude, zur Umgebung, zur Region und zu den Menschen, die das Objekt nutzen werden, passt. Sonst ist die durch das Immobilienbranding geschaffene Marke zum Scheitern verurteilt. Bei erfolgreichem Immobilienbranding wird das Objekt für die anvisierte Zielgruppe einzigartig und unersetzlich und verkörpert einen ganz bestimmten Lifestyle.
Effizienz- und Qualitätssteigerung im Planungsprozess
Immobilienbranding sollte bereits in der Entwicklungsphase einsetzen. Investitionen, physische und ökonomische Pläne, das kulturelle Angebot, Veranstaltungen und die Kommunikation orientieren sich im Idealfall an der zuvor definierten Branding-Strategie.
Durch die gezielte Konzentration auf die Lebenseinstellungen und -gewohnheiten der angestrebten Nutzer können die Anforderungen an den neuen Lebensraum bereits im Rahmen des Architekturwettbewerbs klar umrissen werden. Nicht nur der richtige Mix zwischen Wohnen und Arbeiten, auch die Bedürfnisse an die konkreten Wohn- und Arbeitsformen werden bereits zu Beginn des Prozesses festgehalten. Im Gegensatz zum gängigen Planungsprozess, bei welchem diese Überlegungen häufig nur oberflächlich oder zu spät angestellt und damit dem Architekten überlassen werden, gehen die Experten beim Immobilienbranding zielgerichteter vor. Dies erlaubt eine bessere Ausschreibung und vor allem eine fundierte Auswahl der Architekten.
Dank der klaren Vorstellungen werden zum Architekturwettbewerb nur Büros eingeladen, deren Stil zum Profil des künftigen Lebensraums passt. Dies steigert die Qualität der Projektvorschläge und erleichtert die Wahl der Siegerprojekte, da diese nach eindeutigen Kriterien beurteilt werden können. Wichtig ist natürlich auch, dass jeder an einem solchen Projekt Beteiligte, der Grundidee und ihrer konstanten Umsetzung treu bleibt.
Es reicht nicht, Werte zu definieren und so eine Marke zu schaffen: Das Lebensgefühl, das vermittelt werden soll, muss durchgehend spür- und erlebbar sein, um glaubwürdig und vor allem von Dauer zu sein. Wie eingangs erwähnt, verhält es sich nicht anders als bei Unternehmen und Konsumgütern: Wer etwas zu verkaufen hat, muss einerseits das Produkt so benennen und verpacken, dass sich die anvisierte Zielgruppe angesprochen fühlt, und andererseits müssen Verpackung und Inhalt zusammenpassen und einhalten, was sie versprechen.
Der Prozess gelingt, wenn das Produkt mit den realen Rahmenbedingungen interagiert. Dies gilt für Neubauprojekte wie auch für die Revitalisierung bestehender – auch negativ besetzter – Orte. Bei Mietern, Käufern, Nutzern und Eigentümern sollte richtig umgesetztes Immobilienbranding den Wunsch wecken, Wurzeln zu schlagen und sich die Identität eines Ortes zu eigen zu machen.
Aktuelle Tendenzen und Grenzen des Immobilienbrandings
Wie viele neue Denkansätze, birgt auch Immobilienbranding in Extremformen Gefahren für die moderne Gesellschaft. Durch die permanente Wiederholung standardisierter, ortsungebundener Markenwelten wie beispielsweise von McDonalds, H&M oder Starbucks laufen einzelne Viertel oder im Extremfall gar ganze Städte Gefahr, sich in ihrem Erscheinungsbild zunehmend ähnlicher zu werden.
Einerseits bieten solche Markierungen des öffentlichen Raumes Ortsunkundigen zwar jederzeit Orientierungshilfe bei der Befriedigung alltäglicher Bedürfnisse, andererseits legen sich die dichten Zeichenketten über die lokalen Besonderheiten und verdrängen das Unverwechselbare und Authentische. Die Branding-Strategien des Einzelhandels können so zur Homogenisierung von Orten beitragen, was die Notwendigkeit nach einer eigenen starken Markenidentität des Ortes unterstreicht.
Ein weiteres aktuelles Phänomen bezeichnet der viel zitierte Bilbao-Effekt. Dieser meint die gezielte Aufwertung von Orten durch spektakuläre Bauten von Stararchitekten. Das herausragende architektonische Monument wird zum Wahrzeichen einer Stadt oder eines Ortes. Als unverwechselbares Symbol soll es für Popularität, Identität und Authentizität sorgen. Paradoxerweise kann die Strategie, die eigentlich Identität und vor allem Einzigartigkeit erzeugen will, auch genau das Gegenteil bewirken. Zum Beispiel dann, wenn der Wunsch, sich gegenseitig mit architektonischen Sensationen im Standortwettbewerb zu überbieten grösser ist als die daraus resultierende Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und vor allem Nachhaltigkeit. So kann die Beziehung solcher Grossprojekte zu ihrer Umgebung plötzlich verschwinden und ist für die Bewohner nicht mehr erkennbar.
Ein weiteres Beispiel sind bewachte und von der Öffentlichkeit abgeschottete Lebenswelten, die «Gated Communities» in den USA, die derzeit einen regelrechten Boom erleben. Gross ist der Wunsch, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben und sich dabei durch nichts stören zu lassen. Die Gefahr hierbei ist, dass sich isolierte Gemeinschaften ohne Bezug zum Umfeld bilden können, was im schlimmsten Fall in einer modernen Ghettoisierung enden kann.
Dies macht deutlich, wie wichtig der dem Immobilienbranding zu Grunde liegende gemeinsame Entwicklungsprozess ist. Alle am Bau beteiligten Partner wie Investoren, Behörden, Generalunternehmer und Raumplaner, entwickeln gemeinsam eine langfristige Vision für einen Stadtteil oder eine Grossüberbauung. Dabei spielen auch Historie und Umfeld eine zentrale Rolle. Orte lassen sich nicht beliebig reproduzieren. Nur wer akzeptiert, dass sie in ein Umfeld eingebettet und verschiedenen Anspruchsgruppen ausgesetzt sind, kann Orte mit einer starken Identität – respektive Orte der Identifikation – schaffen. Und nur so kann der neu geplante Lebensraum zu einer Bereicherung des Umfelds werden und wichtige Impulse für die Entwicklung einer ganzen Stadt oder Region auslösen.
Mittels Immobilienbranding haben alle Beteiligten eine klare Vorstellung davon, in welche Richtung sich der Lebensraum langfristig entwickeln wird. Doch Immobilienbranding braucht Konsequenz und Durchhaltewillen, und dies bedarf gerade in einer kurzlebigen Zeit wie heute Mut. Doch dieser zahlt sich langfristig aus – für die Investoren in höheren Renditen, für die Behörden und die künftigen Nutzer in einer ganzheitlichen Planung und damit einer Aufwertung des Lebensraums.
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